Wirtschaftskrisen als Wendepunkte
Einzelveröffentlichungen des Deutschen Historischen Institus Warschau 33
431 S., zahlr. Abb.
ISBN 978-3-944870-38-0
Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst der Krise. Vor dem Hintergrund einer allgegenwärtigen Diskussion über Banken-, Euro- oder gar Weltwirtschaftskrise untersuchen die Autoren des Sammelbandes in 15 Beiträgen das historische Phänomen ökonomischer Krisen. Mittels eines epochenübergreifenden Ansatzes fragen sie nicht nach kurzfristig wiederkehrenden zyklischen Schwankungen, sondern nach Erscheinungen, die sich als Wendepunkte einer Entwicklung darstellen. Es geht dabei ebenso um gesellschaftliche und politische Aus- bzw. Wechselwirkungen in ihren weit gefassten Ursachen und Folgen wie um die Frage nach Brüchen und Kontinuitäten.
Agrar- und Ernährungskrisen, Verschiebungen von Handelsrouten und monetäre Einbrüche, Staatsbankrotte, Kriege oder Spekulationsblasen: Alle haben sie ihre jeweils spezifischen wirtschaftlichen, aber auch politischen, gesellschaftlichen, demographischen und ökologischen Ursachen, die ihrerseits auf das Leben von Menschen einwirken und zu bemerkenswerten Rückkoppelungsprozessen führen. Behandelt werden zerfallende Staaten und labile Gesellschaften im Mittelalter, aber auch Kriege, Plünderungen und Epidemien städtischer und agrarischer Gesellschaften in der Frühen Neuzeit sowie »alte« und »neue« Krisenkontexte vom 19. bis zum 21. Jahrhundert. Von aktuellem Interesse ist dabei besonders der gesellschaftliche Wandel seit der Weltwirtschaftskrise von 1929, der mit dem Untergang des Monopolsozialismus noch keinen Abschluss gefunden hat.
Der Band, der auf eine Tagung des Deutschen Historischen Instituts Warschau in Kooperation mit dem Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien im Januar 2014 zurückgeht, ermöglicht historische Einordnungen vergangener Krisen und trägt darüber hinaus dazu bei, gegenwärtige Wahrnehmungen und Deutungen präziser zu kontextualisieren und Besonderheiten bzw. Eigenheiten herauszuarbeiten. In diesem Sinne verbinden die Aufsätze mittels neuer Herangehensweisen politik-, alltags-, ideen- oder kulturgeschichtliche Fragestellungen mit ökonomischen Aspekten. Der geographische Schwerpunkt liegt auf Mittel- und Osteuropa, wobei diachrone und synchrone Vergleiche auch andere Regionen einbeziehen.
DARIUSZ ADAMCZYK (geb. 1966), Dr. phil., Historiker, ist Privatdozent an der Leibniz-Universität Hannover und war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut Warschau. Zur Geschichte des ökonomischen und gesellschaftlichen Wandels im östlichen Europa veröffentlichte er zahlreiche Aufsätze in verschiedenen Zeitschriften und Sammelbändern. Zuletzt erschien von ihm die Monographie »Silber und Macht. Fernhandel, Tribute und die piastische Herrschaftsbildung in nordosteuropäischer Perspektive (800-1100)« (Wiesbaden 2014).
STEPHAN LEHNSTAEDT (geb. 1980), Dr. phil., Historiker, war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut Warschau. Zahlreiche Veröffentlichungen zum Zeitalter der Weltkriege, zum Holocaust und zur Wiedergutmachung. In der gleichen Reihe ist »Arbeit in den nationalsozialistischen Ghettos« (hrsg. mit Jürgen Hensel, Osnabrück 2013) erschienen.